Einsatzleiterin im Dienst
Interview mit Diana Böhringer
Diana Böhringer ist seit Mitte 2023 die einzige weibliche Einsatzleiterin vom Dienst (EvD) bei der Bergwacht Schwarzwald. Die 35-Jährige Realschullehrerin hat Spaß an der Verantwortung und findet, auch andere Bergretterinnen könnten sich die Aufgabe ruhig zutrauen.
Diana, wie kamst du letztes Jahr auf die Idee, nach 17 Jahren als aktive Einsatzkraft, Einsatzleiterin vom Dienst zu werden?
Ich selber kam da gar nicht drauf, sondern wurde vom damaligen Bereichsleiter Adrian Elfgang gefragt, ob ich mir das vorstellen könnte. Ich denke mir, wenn man ehrenamtlich in einem Verein ist, ist es auch wichtig, dass man Verantwortung übernimmt. Und das ist gleichzeitig auch die Herausforderung. Es macht wahnsinnig Spaß, wenn die einem zugetraut wird, und wenn man für voll genommen wird. Aber es ist auch etwas, wo man sich selbst etwas unter Druck setzt und es gut machen möchte. Weil ich schon einige Jahre Einsatzerfahrung habe, habe ich zugesagt.
Was macht eigentlich eine Einsatzleiterin vom Dienst?
In erster Linie geht es darum, dass der Einsatz ins Laufen kommt, genug Personal vor Ort ist und alles funktioniert. Es passiert ja schon mal unter der Woche, dass eine Ortsgruppe nicht stark genug ist als Einsatzmannschaft. Wenn das der Fall ist, ist es unsere Aufgabe, eine weitere Ortsgruppe mitzuschicken.
Wie geht es weiter, wenn du eine Ortsgruppe nachgefordert hast?
Dann warte ich, bis die Einsatzkräfte in der Bergrettungswache angekommen sind. In der Zeit telefoniere ich mit der Leitstelle und hole mir weitere Informationen zum Einsatz, die ich dann an das abfahrbereite Einsatzteam weitergebe. So laufen die meisten Einsätze. Ich habe dann die Möglichkeit, über Funk den Einsatz weiter zu verfolgen. Aber das macht man nicht immer, da der Alltag ja nebenherläuft. Ich war beispielsweise mal im Aldi einkaufen als ein Einsatz reinkam.
Was war denn dein erster Einsatz als EvD letztes Jahr? Weißt du das noch?
Ja absolut! Ich war zwei Tage im EvD-Dienst und eigentlich auf dem Weg zu meinem Ferienjob und plötzlich ging der Melder „Sucheinsatz Wutachschlucht“. Also quasi der absolute EvD-Einsatz-Supergau! Und ich habe nur gedacht, das kann doch jetzt nicht wahr sein, das muss ein schlechter Scherz sein. Es ging um eine Frau mit einem Hund, die sich verstiegen hatte und nicht mehr selbst aus der Schlucht fand. Dann fängt man halt an zu telefonieren. Adrian Elfgang hat direkt angerufen: „Ich bin unterwegs, ich komme und fahre dich“. Bei solchen Großeinsätzen ist es schon wichtig, dass es einen Fahrer gibt, der sich nur auf den Verkehr konzentriert, während man nebendran organisiert.
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Was würdest du sagen, was man mitbringen muss, um EvD werden zu können?
Ich glaube man muss Selbstbewusstsein mitbringen, sich in Situationen auch mit anderen Personen auseinandersetzen zu können. Aber nicht die Arroganz haben, alles besser zu wissen. Sondern die Offenheit, auch andere Meinungen zu prüfen. Teamfähigkeit ist wichtig und eine gewisse Grundentspanntheit. Mit Hektik und Stress bekommt man meistens nichts Positives hin. Aber die Ruhe kommt auch mit der Erfahrung, bei meinen ersten EvD-Einsätzen flogen die Papiere noch durch die Luft, das ist jetzt ganz anders.
Was glaubst du, wieso bist du die einzige weibliche EvD?
Zum einen ist die Ortsgruppe Hochschwarzwald sowieso sehr Frauenlastig - lacht -, Aber sonst? Da müsste man die Jungs fragen, die mich gefragt haben.
Ist das gefragt werden wichtig?
Ja, ich bin eher zurückhaltend. Wäre eine Rundmail in der Ortsgruppe rumgegangen mit der Frage, wer sich für den EvD-Posten interessiert, hätte ich mich vermutlich nicht gemeldet. Weil ich immer denke, das können andere bestimmt viel besser als ich. Ich könnte mir vorstellen, dass da Männer schnell sagen “Ja klar, kriege ich hin“. Von daher war es wichtig, dass man mich fragt. Ich setze mich oft selbst unter Druck, dass alles 100%ig sauber läuft, meine männlichen EvD-Kollegen sind da schon entspannter. Vielleicht liegt es daran, dass Frauen in der Bergwacht weniger in Führungspositionen zu finden sind, weil sie an sich einen höheren Anspruch haben.
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Man muss sich einfach trauen
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Denkst du, dass weibliche Vorbilder in Führungspositionen, gerade für junge Bergretterinnen, wichtig sind?
Auf jeden Fall! Man sieht es ja in allen Einsätzen, wenn man in der Einsatzleitung drin ist: Ich bin da immer so ziemlich die einzige Frau, in der gesamten Führungsriege. Vielleicht mal eine Polizistin, die gerade Dienst hatte, aber mehr nicht. Ich glaube, Frauen bringen eine ganz andere Seite in so eine Einsatzführung rein. Es wäre sehr wünschenswert, wenn es ausgeglichener wird.
Was würdest du jemandem raten, der unser Gespräch liest und sich fragt, wäre ich vielleicht auch als Einsatzleiterin geeignet?
Ich würde mit dem EvD in der eigenen Ortsgruppe sprechen, wenn es einen gibt. Einfach mal diese Person interviewen, wie sie den Job sieht und dann mal den Bereichsleiter ansprechen. Wie gesagt: Ich glaube, man muss sich einfach trauen. Ich kann es nur von meiner Position sagen: Man bekommt so viel Unterstützung! Meine „Männer“ in der EvD-Gruppe sind so offen und hilfsbereit. Wenn man sich das zutraut, dann sollte man das versuchen. Es ist sicher nicht schlecht, mehrere EvDs zu haben, dann verteilt sich die Dienstlast auf mehrere Schultern.
Interview: Kathrin Frenz
Das gesamte Interview finden Sie in Heft 19 unseres Bergwacht-Magazins TRITTSICHER.